IQMG-Jahrestagung am 29. und 30.11.2017 in Berlin

"Was bewirkt Reha? Ergebnisqualität messbar machen!"

Fachkräftemangel, Rente mit 67, eine wachsende Zahl alter pflegebedürftiger Menschen: der Bereich Rehabilitation gewinnt von Jahr zu Jahr immer mehr an Bedeutung. Denn ob berufliche oder medizinische Reha – immer mehr Menschen sind auf sie angewiesen und sie lohnt sich. Wenn die Qualität der Rehabilitationsangebote stimmt. Doch wie lässt sich die Ergebnisqualität messen? Diesen Fragen gingen Experten aus Wissenschaft und Praxis, und Vertreter der Leistungsträger und -erbringer auf der 12.  IQMG-Jahrestagung in Berlin nach.

„Der konkrete Reha-Outcome ist für den Rehabilitanden am wichtigsten. Im Fokus stehen dabei vor allem die Aspekte der Ergebnisqualität, die für den Rehabilitanden persönlich relevant sind und die er auch nachvollziehen kann, die sogenannten Patient-reported outcome measures“ (PROMs).“ Dr. Jens Deerberg-Wittram, Direktor bei The Boston Consulting Group GmbH, hob mit diesem Statement den Patientennutzen als einen wesentlichen Faktor zur Qualitätsmessung rehabilitativer Maßnahmen hervor. Antworten auf Fragen zur nachhaltigen Verbesserung der körperlichen Funktionalität, der mentalen Verfassung und der Lebensqualität sind deutlicher Gradmesser für die Qualität der erfolgten medizinisch-therapeutischen Behandlungen. Und, so Deerberg-Wittram, die PROMs-Ergebnisse gehören an die Öffentlichkeit, weil Qualitätstransparenz positive Konsequenzen mit sich bringt: Zuallererst für die Patienten, für ihre behandelnden Ärzte und sie beflügelt andere Marktteilnehmer der Gesundheitsbranche mitzuhalten im Qualitätswettbewerb um beste Reha-Angebote.

Im PASSAUER WOLF Reha-Zentrum Bad Gögging kommt dem Patienten eine tragende Rolle im Prozess der Reha-Ergebnismessung zu, betonte Dr. Stefan Triebel, Chefarzt Orthopädie und ärztlicher Direktor. Vier Qualitätsdimensionen (Rehabilitanden-Zufriedenheit, Rehabilitanden-Sicherheit, Organisationsqualität, Behandlungsqualität), mit ca. 400 verschiedenen Qualitätsindikatoren dienen Patienten, Angehörigen, Ärzten und Zuweisern gleichermaßen zur Orientierung. Diese wurden von der Initiative 4QD-Qualitätskliniken.de entwickelt und werden im 4QD-Reha-Portal abgebildet. Das schafft Transparenz, die das Wunsch- und Wahlrecht der Patienten stützt und die Möglichkeit bietet, die Qualität in der Rehabilitation erstmals direkt zu vergleichen.

Prof. Dr. Karla Spyra, Leiterin der Abteilung Rehabilitationsforschung an der Berliner Charité gab einen Einblick in eine aktuelle Studie, die sich dem Vergleich der Qualitätssicherung von Reha-Kliniken in Deutschland und der Schweiz widmet. Die Schweiz legt bei der Qualitätssicherung einen alleinigen Schwerpunkt auf die Ergebnisqualitätsmessung, im Gegensatz zum deutschen Reha-QS-System, in dem noch zum Teil die Strukturqualität eine dominierende Position besitzt.

Die Weichen für einen fairen Qualitätswettbewerb in der Reha sind durch die Deutsche Rentenversicherung (DRV) gestellt, erklärte Dr. Susanne Weinbrenner, Leiterin des Geschäftsbereiches Reha bei der DRV Bund, und richtete in ihrem Vortrag den Blick auf das Jahr 2018. Dann nämlich startet die DRV ihre 12-monatige Pilotphase zur qualitätsorientierten Belegungssteuerung in der Reha. Der Fokus liegt vorerst auf den Indikationen Orthopädie/Rheumatologie.

Meinolf Moldenhauer, Fachreferent für Reha beim GKV-Spitzenverband, berichtete über die Ergebnisse aus dem aktuellen QS-Reha®-Verfahren und über die Weiterentwicklung der Ergebnisqualitätsmessung im QS-Reha®. In der Geriatrie werden ab dem nächsten Jahr erstmals Reha-Zielkategorien als individualisierte Ergebnismessung eingesetzt.

Wettbewerb zwischen Reha-Kliniken funktioniert nur im Dialog mit allen Beteiligten: Leistungserbringern, Leistungsträgern und Rehabilitanden. Transparenz und eine konstruktive Fehlerkultur sind Antrieb dafür, damit eine Qualitätsentwicklung in alle stationären Reha-Kliniken gelingt. So lautete das Resümee der Referenten während der abschließenden Podiumsdiskussion am ersten Tag.

Verleihung des Reha-Zukunftspreises 2017

Am Nachmittag des ersten Veranstaltungstags wurde der nun bereits zum zweiten Mal ausgelobte Reha-Zukunftspreis verliehen. Prof. Uwe Koch-Gromus (Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rehabilitationswissenschaften, Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Hamburg und wissenschaftlicher Leiter des IQMG) führte mit seinem Vortrag „Herausforderungen einer zeitgemäßen Rehabilitation“ in die Thematik ein. Er stellte die vielfältigen Herausforderungen dar, vor denen die Rehabilitation in Zeiten des gesellschaftlichen und sozialen Wandels steht und verdeutlichte Weiterentwicklungsperspektiven und den damit verbundenen Handlungsbedarf auf Seiten der Rehabilitationseinrichtungen.

Anschließend wurden in einer feierlichen Preisverleihung die diesjährigen Gewinner-Projekte vorgestellt.  Den ersten Platz des Reha-Zukunftspreises 2017 übergab Prof. Koch-Gromus (Jurymitglied) Herrn Dr. Dieter Benninghoven und Herrn Prof. Eike Hoberg von der Mühlenbergklinik-Holsteinische Schweiz für ihre Pilotstudie: Multimodale Rehabilitation für Erwachsene mit Marfan-Syndrom.  Den zweiten Preis verlieh Dr. Susanne Weinbrenner (Jurymitglied) Herrn Prof. Christoph Skudlik vom Institut für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation (iDerm) an der Universität Osnabrück für seine Langzeit-Evaluation eines interdisziplinären, ambulant-stationären Rehabilitationsprogrammes bei Patienten mit schweren und chronischen Hauterkrankungen. Prof. Lothar Feige (Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften, Jurymitglied) überreichte Frau Ann-Christin Weiland vom Neurologischen Rehabilitationszentrum Quellenhof den dritten Platz für ihr Studie: „MS- Int@kt“ – ein nachhaltiges internetgestütztes Trainingsprogramm für Patienten mit Multipler Sklerose und Fatigue Symptomatik“.

Weitere Inforationen zu den preisgekrönten Projekten finden Sie hier.

Den zweiten Veranstaltungstag startete Tobias Hahn von der NEXUS AG mit seinem Vortrag „NEXUS macht ́s möglich – Ihre systembasierte Zertifizierung nach IQMP kompakt“ und erläuterte die neue softwarebasierte Unterstützung für die IQMP kompakt-Zertifizierung.

Nach der Fortführung der Workshops vom ersten Veranstaltungstag ermöglichte Prof. Gunter Kreutz, Musikwissenschaftler an der Universität Oldenburg den Teilnehmern am Ende der zweitägigen Veranstaltung einen interessanten Seitenblick mit seinem Vortrag „Singen für mehr Lebensqualität“. Er machte auf die vielen positiven Effekte des Singens und Musizierens auf die körperliche und psychische Verfassung aufmerksam und schlägt vor, Pflichtmodule wie Musizieren, Singen und Bewegen in der Reform der Ausbildung von Pflegekräften zu integrieren. Der Nutzen käme beiden Seiten gleichermaßen zugute: Fachkräften und Pflegebedürftigen. Denn: Singen macht glücklich.

Workshops

Wie in den Vorjahren konnten die Teilnehmer auch in diesem Jahr wieder an beiden Tagen Workshops besuchen. Im Workshop ” Wie QS-Indikatoren wirksam in der Organisationsentwicklung nutzen?“ diskutierten Dr. Ralf Bürgy (Leiter der Abteilung Organisationsentwicklung und Qualitätsmanagement, MediClin AG Offenburg), Dr. Ralf Wiederer (Leiter Fachbereich Qualitätsmanagement Helios Reha), Manfred Rundel (Leiter Qualität und Organisationsentwicklung, Celenus-Kliniken GmbH), Stefan Kinkel (Therapeutische Gesamtleitung, Park Klinikum Bad Krozingen) und Georg Freund (Geschäftsführer, Reha-Kliniken Küppelsmühle GmbH & Co. KG) mit den Teilnehmern  welche QS-Indikatoren aus den externen QS-Verfahren der DRV und der Krankenkassen das interne Qualitätsmanagement in besonderen Maße unterstützen und wie die Organisationsentwicklung in den Reha-Einrichtungen mit den Kennzahlen aus der externen Qualitätssicherung effektiv befördert werden kann.

Im Workshop ” Reha sicher gestalten – Fehlerkultur und Risikomanagement in Reha-Einrichtungen“ geleitet von Frau Dr. Heidemarie Haeske-Seeberg, erfuhren die Teilnehmer, wie sie Risiken in ihrer Reha-Einrichtung ermitteln und bewerten können und welche Rahmenbedingungen eine das Risikomanagement unterstützende Fehlerkultur benötigt. Konkrete Umsetzungsmöglichkeiten wurden anhand der bespielhaften Implementierung des klinischen Risikomanagements bei Sana diskutiert.

Im Workshop ” Patient Reported Outcomes – ihre Bedeutung für die Abbildung der Ergebnisqualität sowie für die Verbesserung und Weiterentwicklung der medizinischen Rehabilitation“ geleitet von Dr. Rüdiger Nübling (GfQG – Gesellschaft für Qualität im Gesundheitswesen GbR) erhielten die Teilnehmer einen Überblick über PROs und die Forschungslage dazu in der Rehabilitation. Am Beispiel kontinuierlicher interner und externer Patientenbefragungen wurde gezeigt, wie diese für QS/QM und für Qualitätsverbesserungen genutzt werden können.

Bildergalerie

 

IQMG-Tagungsprogramm am 29. und 30. November 2017

Vorträge der IQMG-Tagung am 29. und 30. November 2017

Ergebnisqualität im Fokus – Reha-Outcome messen


Dr. Jens Deerberg-Wittram

Messung der Ergebnisqualität in der orthopädischen Rehabilitation


Dr. Stefan Triebel

Reha-Ergebnisqualität – Deutschland und die Schweiz im Vergleich


Prof. Dr. Karla Spyra

Wirksame Rehabilitation sichern und fördern – Qualitätsentwicklung mit dem QS-Verfahren der Deutschen Rentenversicherung


Dr. Susanne Weinbrenner

Weiterentwicklung des QS-Reha®-Verfahrens mit Blick auf den Reha-Outcome


Meinolf Moldenhauer

Herausforderungen einer zeitgemäßen Rehabilitation


Prof. Dr. Uwe Koch-Gromus

Kein Ende vom Lied – Singen für mehr Lebensqualität!


Prof. Dr. Gunter Kreutz


Workshops

1a) „Wie QS-Indikatoren wirksam in der Organisationsentwicklung nutzen? Das QS-Verfahren der Deutschen Rentenversicherung“


Dr. Ralf Bürgy


1a) „Wie QS-Indikatoren wirksam in der Organisationsentwicklung nutzen? Das QS-Verfahren der Deutschen Rentenversicherung“


 Stephan Kinkel

1b) „Wie QS-Indikatoren wirksam in der Organisationsentwicklung nutzen? Das QS-Reha®-Verfahren der Krankenkassen“


Dr. Ralf Bürgy


1b) „Wie QS-Indikatoren wirksam in der Organisationsentwicklung nutzen? Das QS-Reha®-Verfahren der Krankenkassen“


Georg Freund

2. „Reha sicher gestalten – Fehlerkultur und Risikomanagement in Reha-Einrichtungen“


Dr. Heidemarie Haeske-Seeberg

3. „Patient Reported Outcomes – ihre Bedeutung für die Abbildung der Ergebnisqualität sowie für die Verbesserung und Weiterentwicklung der medizinischen Rehabilitation“


Dr. Rüdiger Nübling


Reha-Zukunftspreis-Gewinner 2017

1. Platz: „Multimodale Rehabilitation für Erwachsene mit Marfan-Syndrom“


Dr. Dieter Benninghoven und Prof. Eike Hoberg

2. Platz: „Langzeit-(bis 5-Jahres-) Evaluation eines interdisziplinären, ambulant-stationären Rehabilitationsprogrammes bei Patienten mit schweren und chronischen Hauterkrankungen“


Prof. Dr. med. Christoph Skudlik und Prof. Swen Malte John

3. Platz: „MS- Int@kt – ein nachhaltiges internetgestütztes Trainingsprogramm für Patienten mit Multipler Sklerose und Fatigue Symptomatik“


Ann-Christin Weiland