IQMG-Jahrestagung 2010

Transparenz schafft Qualität

Patientenautonomie, Qualität und Transparenz in der Medizinischen Rehabilitation waren zentrale Themen bei der IQMG-Jahrestagung 2010.

Mehr Transparenz stärkt die Entscheidungskompetenz der Patienten und führt damit zu Qualitäts- und Effizienzsteigerungen. Das war eine der zentralen Botschaften eines zweitätigen Kongresses, zu dem das Institut für Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen (IQMG), eine Einrichtung des BDPK, Ende Oktober 2010 nach Berlin eingeladen hatte. Rund 150 Vertreter aus den Kliniken diskutierten mit Gesundheits- und Sozialexperten von Patientenorganisationen sowie der Kranken- und Rentenversicherung.

Der Einfluss von Patientenentscheidungen auf Qualitäts- und Effizienzentwicklungen im Gesundheitswesen wird bisher oftmals unterschätzt und von der Politik zu wenig berücksichtigt, meinte BDPK-Vizepräsident Dr. Ulrich Wandschneider in seiner Eröffnungsrede.

Ganz zu Recht bestehe deshalb Einigkeit unter den Experten, dass sowohl von den Leistungsträgern wie auch von den Kliniken für mehr Transparenz und Verständlichkeit in der Darstellung von Leistungsangeboten zu sorgen sei. Mehr Entscheidungskompetenz der Patienten setze voraus, dass die Kliniken und Leistungsträger die für Patienten relevanten Inhalte ihrer Aufgaben und Arbeit deutlicher und verständlicher darstellen, so Wandschneider. Wo dies gelingt, wären Qualitätsverbesserungen und Effizienzsteigerungen die Folge. Das habe das im Juni 2010 gestartete Internetportal “Qualitätskliniken.de” für die Akut-Krankenhäuser eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Blick über Tellerrand und in die Zukunft

Dass dieses Klinikportal einen wichtigen, aber längst noch nicht den letzten Schritt des gerade stattfindenden Entwicklungsprozesses darstellt, machte Dr. Markus Müschenich, Vorstandsmitglied der Sana Kliniken AG in seinem Initialvortrag deutlich. Mit seinem seinem “Blick über den Tellerrand“ zeigte Müschenich anschaulich und eindrucksvoll, wie die medizinische Versorgung der Zukunft aussehen könnte. So sei es denkbar und möglich, dass sich Patienten von morgen an der Lebensmitteltheke im Supermarkt oder beim Kauf eines neuen Autos von ihrem Haus- oder Klinik-Arzt per Smartphone ihrem Krankheitsbild entsprechende Empfehlungen “live“ geben lassen.

Auch die Behandlungspfade könnten künftig ganz anders als heute organisiert sein. Dabei wäre es ebenso vorstellbar wie wünschenswert, dass bereits vor einem Krankenhausaufenthalt auf den Tag genau geregelt ist, in welche Reha-Klinik es zur Nachsorge geht, und für die Wiedereingliederung an den Arbeitsplatz könnte es bereits vor der medizinischen Behandlung einen Detailplan geben, der mit dem Arbeitgeber abgestimmt ist.

Individualisierungs-Bedarf wird gesehen

Dass es für solche Visionen aus Sicht der Leistungsträger durchaus Grenzen gibt, machten Brigitte Gross, Reha-Abteilungsleiterin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund und Bernd Beyrle, Fachbereichsleiter stationäre Versorgung bei der Techniker Krankenkasse, in ihren anschließenden Vorträgen deutlich. Beide waren sich allerdings auch in der Einschätzung einig, dass es allein schon aus Gründen der “Compliance“ keinen Sinn mache, gegen den Patientenwillen zu arbeiten. Zudem bestätigten die beiden Vertreter der Reha-Leistungsträger, dass für die medizinischen Prozesse genauso wie für die Beratungs- und Bewilligungspraxis die Notwendigkeit zur Individualisierung besteht. Deshalb werde in ihren Institutionen intensiv an einer Verbesserung der “passgenauen” Beratung und Therapieplanung gearbeitet. Dies erfordere in der Organisation und der Mitarbeiterqualifizierung eine stärkere Spezialisierung und Konzentration von Kompetenzen, was aber möglicherweise zu Lasten einer ebenfalls wünschenswerten wohnortnahen Beratung gehen könnte.

Besonderes Gewicht und große Aufmerksamkeit erhielten vor diesem Hintergrund die Vorträge der beiden Vertreter von Patientenorganisationen, die zur IQMG-Jahrestagung eingeladen worden waren. Rainer Sbrzesny, bei der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) für das Wissensmanagement zuständig, setzte sich für die Verbesserung vergleichbarer Leistungsstandards in der medizinischen Rehabilitation ein.

Entsprechende Reha-Therapiestandards existierten, herausgegeben von der Deutschen Rentenversicherung, zwar bereits für verschiedene Behandlungsbilder. Es sei aber längst keine Vollständigkeit erreicht und zudem sei zu hinterfragen, ob es sinnvoll ist, wenn solche Leitlinien von einem Leistungsträger herausgegeben werden. Deren Vorgaben könnten – statt ausschließlich von Qualitätsfragen –  auch von Budgetüberlegungen beeinflusst sein, weshalb grundsätzlich für eine wissenschaftliche, unabhängige und neutrale Herausgeberschaft zu plädieren sei.

Hannelore Loskill, Vorstandsmitglied der BAG Selbsthilfe, warb in ihrem Vortrag für mehr Patientenorientierung in der Kommunikation. Qualität und Verständlichkeit von Informationen sind aus ihrer Sicht nicht nur bei den Beratungen der Kranken- und Rentenversicherungen verbesserungswürdig, auch die Kliniken müssten an ihrem Außenauftritt arbeiten. So verfügten zwar inzwischen die meisten Reha-Kliniken über wichtige Zertifikate, die ihre Qualitätsstandards dokumentieren, für die Patienten sei aber nur schwer nachvollziehbar, was sich genau dahinter verbirgt und was die Qualitätssiegel für den einzelnen Patienten und seine konkret erforderliche Therapie zu bedeuten haben.

Berufliche Orientierung berücksichtigen

In der anschließenden Podiumsdiskussion, die von BDPK-Hauptgeschäftsführer Thomas Bublitz moderiert wurde, waren sich alle Teilnehmer darin einig, dass vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung der medizinischen Rehabilitation und ihrer Qualität eine wachsende Bedeutung zukommt.

Die Experten stimmten auch darin überein, dass noch mehr verbindliche und standardisierte Leitlinien zu entwickeln sind, die für alle Beteiligten bessere Transparenz, Planbarkeit und Verlässlichkeit bedeuten würden. Ein wichtiges Ziel sei es dabei, noch stärker als bisher berufliche Aspekte in die medizinische Therapie einfließen zu lassen. Im Hinblick auf ein möglichst selbstbestimmtes und unabhängiges Leben von kranken Menschen sei es erforderlich, die Erwerbsfähigkeit zu stärken und dies mit Therapien und Rehamaßnahmen zu fördern, die möglichst von Beginn an die späteren beruflichen Möglichkeiten der Patienten mit integrierten.

Konkrete Anwendungsbeispiele der Umsetzung von Qualitätsmanagement in den Klinikalltag beleuchteten drei Vorträge im Anschluss an die Podiumsdiskussion. Zunächst erläuterte Dr. Ralf Bürgy, Leiter der Abteilung Qualität, Organisation und Revision der MediClin AG den “Strategischen Nutzen der Selbstbewertung”.

Günther Knauer, Geschäftsführer der Klinik am Rosengarten und der Gollwitzer-Meier-Klinik sowie Geschäftsführer des Verbandes der Privatkliniken in Nordrhein-Westfalen e.V. stellte dar, wie eine Klinik mit dem Konzept der balanced scorecard “Von der Planung zu guten Ergebnissen“ gelangen kann.

Ebenfalls “aus der Praxis für die Praxis“ war der abschließende Vortrag des ersten Veranstaltungstages von Dirk Bauernschmitt, Ärztlicher Qualitätsmanager der Hamm-Kliniken GmbH & Co.KG. Er gab einen Praxisbericht der Klinik Bellevue zum “Pilotprojekt MAAS-BGW mit IQMP-Reha“.

Workshops für die klinische Praxis

Noch tiefer in die Praxis gingen die fünf parallel stattfindenden Workshops am Vormittag des zweiten Kongresstages.

Den Abschluss des Qualitätskongresses bildete der Vortrag von Dr. Hans-Günter Haaf, Referatsleiter  Weiterentwicklung der Rehabilitation,  Gesundheitsökonomie und Systemfragen, von der Deutschen Rentenversicherung Bund. Darin ging er der Frage nach ob DRG im Krankenhaus zu Lasten der Rehabilitation gehen könnten und stellte die Ergebnisse der Redia III-Studie zu den Auswirkungen der DRG-Einführung auf die medizinische Rehabilitation vor.

IQMG-Tagungsprogramm am 28. und 29. Oktober 2010

Dirk Bauernschmitt

Ärztlicher Qualitätsmanager
Hamm-Kliniken GmbH & Co.KG

Bernd Beyrle

Fachbereichsleiter Stationäre Versorgung
Techniker Krankenkasse

Thomas Bublitz

Geschäftsführer des BDPK

Dr. Ralf Bürgy

Leiter der Abteilung Qualität, Organisation & Revision
MediClin AG Offenburg

Brigitte Gross

Abteilungsleiterin Rehabilitation
Deutsche Rentenversicherung Bund

Dr. Hans-Günter Haaf

Referatsleiter Weiterentwicklung der Rehabilitation – Gesundheitsökonomie und Systemfragen
DRV Bund

Dr. Heidemarie Haeske-Seeberg

Bereichsleiterin Sana QualitätsMedizin

Günther Knauer

Geschäftsführer der Klinik am Rosengarten und der Gollwitzer-Meier-Klinik, Bad Oeynhausen
Geschäftsführer des Verbandes der Privatkliniken in Nordrhein-Westfalen e.V.

Dr. med. Markus Leisse

Ärztl. Direktor der Klinik Burg Landshut, Lt. Arzt der Abteilung für Neurologie, FA für Neurologie

Hannelore Loskill

stellv. Bundesvorsitzende der BAG SELBSTHILFE e.V.

Axel Lottermoser

Referent Akkreditierung
BGW quint.as

Dr. Markus Müschenich

Vorstand
Sana Kliniken AG, München

Frank Nolting

Qualitätsmanagementbeauftragter der Klinik am Rosengarten und der Gollwitzer Meier-Klinik, Bad Oeynhausen

Thorsten Pries

Präventionsdienste
BGW quint.as

Rainer Sbrzesny

Wissensmanagement
Unabhängige Patientenberatung Deutschland

Dr. Ulrich Wandschneider

Vizepräsident des BDPK,
Vorsitzender des Vorstands der MediClin AG, Frankfurt a. M.

Praxisbericht der Klinik Bellevue zum Pilotprojekt MAAS-BGW mit IQMP-Reha

Grenzen von Wunsch- und Wahlrechten unter dem Aspekt der Leistungsqualität?

 Grenzen des Wunsch- und Wahlrechts unter dem Aspekt der Leistungsqualität aus Sicht der Rentenversicherung


Blick über den Tellerrand: Patientenorientierung im Krankenhaus

Aufgaben und Schwerpunkte der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD)

Arbeitsschutzanforderungen BGW | Teil I

Arbeitsschutzanforderungen BGW | Teil II

Arbeitsschutzanforderungen BGW | Teil III

Ergebnismessung, Rehabilitationskonzepte, Beschwerdemanagement


Umsetzung der BAR-Kriterien mit IQMP-Reha | Teil I

Umsetzung der BAR-Kriterien mit IQMP-Reha | Teil II

Umsetzung der BAR-Kriterien mit IQMP-Reha | Teil III

Umsetzung der BAR-Kriterien mit IQMP-Reha | Teil IV

Die IQMG-Jahrestagung wurde unterstützt von: